02
1997

Das Multimedia-Gesetz

Am 31.12.1997 fällt das Netzmonopol. Damit wird eine Liberalisierung der deutschen Telekommunikationsmärkte eintreten, die zur Folge hat, da neue Netzbetreiber auf den Markt drängen und mit Online-Diensten wie Teleshopping, E-Mail, Telebanking oder Videoon-demand in gegenseitige Konkurrenz treten werden.

Das drohende Chaos auf dem Information-Highway schreit nach Reglementierung und Gesetzen. Der Name des neuen Kindes lautet: Gesetz des Bundes zur Regelung der Rahmenbedingungen für „Informations- und Kommunikationsdienste“ (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz luKDG). Da sich das ohnehin niemand merken kann, ersann man den eingängigeren Titel „Multimediagesetz“. Zur Zeit liegt zwar erst ein Referentenentwurf vor (Stand: 8.11.96), aber schon in der 2. Jahreshälfte soll das Cyber-Law in Kraft treten.

Das Gesetz soll alle neuen Informations- und Kommunikationsdienste reglementieren und das erforderliche Maß an Jugend,- Verbraucher- und Datenschutz sicherstellen. Da die Gewerbefreiheit zentraler Punkt des Multimedia-Marktes sein soll, und es genügen muß, „…wenn sich ein Anbieter neuer Dienste den Gewerbeschein holt“ (Pressestatement-BMBF2.5.96) ist eine Regelung der Verantwortlichkeiten unerläßlich. Dazu werden neue Richtlinien geschaffen und bestehende verändert oder erweitert. So ist beispielsweise das Teledienstegesetz (TDG) vorgesehen, dessen Vorschriften für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste gelten sollen. Die Aktion des Landes Bayern gegen Compuserve hat die Referenten wohl ins Grübeln gebracht. So jedenfalls verstehen wir die von ihnen vorgeschlagene Regelung in § 5 III 1 TDG: „Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich.“ Da der Bund aber „den Mißbrauch der globalen Datenbahnen durch die Verbreitung gesetzwidriger Inhalte wie Kinderpornographie und Extremismus nicht hinnehmen“ wird (Pressestatement BMBF 2.5.96), ist das Hintertürchen in Form von § 5 IV TDG eingebaut: Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen bleiben unberührt, sofern der Diensteanbieter unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gemäß § 85 Telekommunikationsgesetz von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.“ In diesem Zusammenhang stellt der Bundesminister klar: Ich glaube nicht, da die Provider, also die Netzwerkanbieter, zur Verantwortung gezogen werden sollten. Verantwortlich für die Inhalte sind die, die sie produzieren und anbieten“ (Pressestatement BMBF 2.5.96).

Aber nicht nur an den Schutz der passiven (jetzt interaktiven) Bürger ist gedacht, auch die Gewerbetreibenden, die mit innovativen Dienstleistungen den Standort Deutschland ins 21. High-Tech-Jahrhundert katapultieren sollen, bedürfen des Schutzes. So werden vor allem Freiberufler in Zukunft rege von Online-Diensten gebrauch machen. Das schreit förmlich nach verläßlichen Sicherheitskonzepten, damit der Kunde Vertrauen in diese Technik gewinnt und bereit ist, seine Daten und sein Geld in virtuellen Kaufhäusern ab- bzw. auszugeben. Deswegen wird es auch ein Gesetz zur digitalen Signatur geben (SigG), dessen Zweck es ist, Fälschungen oder Verfälschungen digitaler Signaturen also mit privaten Signaturschlüsseln erzeugte Siegel zu digitalen Daten zuverlässig festzustellen. Diese bundesdeutschen Überlegungen zur Regelung der digitalen Signatur und der digitalen Urhebermarkierung werden übrigens mit großem Interesse von der EU beäugt. Im Zuge der Regelung der Rahmenbedingungen wird es zu Anpassungen des Urheberrechtsgesetzes, des Strafgesetzbuchs, des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften, des Bundesdatenschutzgesetzes und des Fernunterrichtsschutzgesetzes (Stichwort: Tele-Learning) kommen. Darüberhinaus werden Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes gegen die Wettbewerbsbeschränkungen, des Patentgesetzes und sogar des Bürgerlichen und des Handelsgesetzbuchs geprüft. Die geplanten Vorhaben sind damit praktisch für jeden relevant, der die neuen Medien nutzt, sei es als Anbieter, sei es als Verbraucher.

Ingeborg Schnepp/ Konstantin Malakas/km Frau Ingeborg Schnepp ist Rechtsanwältin und Autorin des Handbuchs „Aktuelle Musterverträge für die rechts- und steuerberatende Praxis“ im Verlag Recht und Praxis, Kissing.

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