05
2000

Die rechtliche Problematik von *.mp3Dateien

Musik aus der Leitung

Sie sitzen entspannt in Ihrem Lieblingssessel und lauschen dem neuesten Album Ihrer Lieblingsband. Ein gelegentliches Knistern, Summen oder Brummen kann Ihren Hörgenuss nicht trüben. Sie sind durch die Gewissheit entschädigt, dass kaum ein anderer im ganzen Land diese neue CD schon hat. Sie aber auch nicht.

Die Musik kommt direkt von der Festplatte Ihres Rechners, den Sie an Ihre HiFi-Anlage angeschlossen haben. Das Album ist vor kurzem in den USA erschienen und in Deutschland noch nicht erhältlich. Sie haben aber auf einschlägigen Web-Seiten im Internet die nötigen *.mp3-Dateien sowie einen entsprechenden Player gefunden. MPEG 3 ist ein Verfahren, das Audiodateien, die als *.wav Dateien zwischen 30 und 45 MB groß sind, auf ca. 2,5 MB komprimiert und so dem Download über das Netz zugänglich macht. Nur die Hinweise auf den Seiten haben Sie ein wenig nachdenklich gemacht: „Die *.mp3-Dateien befinden sich nicht auf unserem Server, sie sind nur per Link verbunden“ oder „Die *.mp3-Dateien auf diesem Server dienen ausschließlich Schulungszwecken. Sie müssen nach dem Download innerhalb von 24 Stunden wieder gelöscht werden.“ Solche und ähnliche Disclaimer, also Haftungsfreizeichnungsklauseln, finden sich meist dort, wo es nicht ganz mit rechten Dingen zugeht.

Rechte an der Schöpfung

Musik unterliegt als eine komponierte Folge von Tönen, die dem Hörer ein akustisches Erlebnis vermitteln sollen, zum einen dem Urheberrecht. Der Urheber ist der Schöpfer des Musikstücks. Diesem stehen alle Verwertungsrechte an seiner Schöpfung zu. Zum anderen sind auch Interpreten, Tonträgerhersteller u. a. durch sogenannte verwandte Schutzrechte oder Leistungsschutzrechte geschützt. Die Verwertung kann in körperlicher und unkörperlicher Form stattfinden. Zu ersterer zählt z. B. die Vervielfältigung und Verbreitung, zu letzterer beispielsweise die öffentliche Wiedergabe. Die Verbreitung über das Internet ist nach überwiegender juristischer Auffassung ebenfalls eine öffentliche Widergabe, obwohl der Abruf der Daten nicht wie etwa beim Rundfunk gleichzeitig von einer Vielzahl von Nutzem vorgenommen wird, sondern eher nacheinander. Sobald ein anderer als der Schöpfer des Musikstücks oder ein Leistungsschutzberechtigter eine Verwertungshandlung vornimmt, ist damit bereits ein Verstoß gegen das Urheberrecht erfolgt. Dabei bedeutet Verwertungshandlung nicht, dass von irgend jemandem ein Entgelt gezahlt werden müsste. Allein das Herstellen einer Kopie ist bereits eine erlaubnispflichtige Verwertungshandlung. Natürlich möchten die Musiker und Produzenten, dass ihre Musik gespielt wird. Deshalb übertragen sie in der Regel ihre Nutzungsrechte an den von ihnen komponierten Werken so genannten Verwertungsgesellschaften, die ihre Rechte treuhänderisch wahrnehmen. Musikproduzenten und Musiker sind in der Hamburger GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) zusammengeschlossen. Bekannter ist die Verwertungsgesellschaft für musikalische Aufführungsrechte (GEMA) mit Sitz in München und Berlin. Die GEMA erhebt einen bestimmten, relativ geringen Gebührensatz von jedermann, der Musik verwenden möchte sowie von Herstellern, Importeuren oder Händlern von Vervielfältigungsgerten und Leermedien. Nach Abzug eines Verwaltungsanteils schüttet die GEMA dem berechtigten Personenkreis eine Vergütung aus. Das Urheberrecht gilt nicht schrankenlos. Neben der 70jhrigen Befristung nach dem Tod des Urhebers (für Leistungsschutzrechte gelten kürzere Zeiten) gibt es eine Reihe inhaltlicher Schranken. Beispielsweise werden private Interessen der Verbraucher geschützt, indem Vervielfältigungen zum Eigengebrauch erlaubt sind. Allerdings dürfen nur einige wenige Vervielfältigungsstücke von einer rechtmäßig erworbenen Vorlage erstellt werden. Das Bereitstellen eines Musikstückes zum Abruf durch die Öffentlichkeit ist aber immer eine zustimmungsbedürftige Verwertungshandlung. Allerdings ist die Rechtsdurchsetzung das eigentliche Problem der Berechtigten, weil die rechtswidrig Anbietenden selten ausfindig gemacht werden können. Derjenige, der solche rechtswidrig bereitgestellte Musikdateien herunterlädt, verstößt zwar ebenfalls gegen Urheber- oder Leistungsschutzrechte, weil eine Speicherung von Musik in digitaler Form auf der Festplatte eine Vervielfältigung darstellt. Allerdings ist der Nutzer aber in den meisten Fällen nicht der Verfolgung ausgesetzt. Wer die *.mp3-Dateien herunterlädt und sich dabei auf die rein private Nutzung berufen möchte, geht in den meisten Fällen mit dieser Argumentation fehl. Denn in der überwiegenden Zahl der Fälle sind bereits die bereitgestellten Musikstücke unrechtmäßig erworben worden. Eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch ist aber nur bei Werkstücken zulässig, die rechtmäßig in den Besitz des Vervielfältigers gelangt sind.

Original und Kopie

Darüber hinaus fragt man sich, ob das Recht der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch überhaupt noch zeitgemäß ist. Die gesetzliche Regelung der Freiheit privaten Gebrauchs entstammt einer Zeit, als Kopien aufgrund des technischen Standards deutlich schlechter als das Original waren. Digitale Kopien sind von dem Original nicht zu unterscheiden. CD-Brenner sind heute für jedermann erschwinglich, so dass auch Privatleute digitale Werkt auch in großem Umfang und ohne Qualitätsverlust in kurzer Zeit kopieren können. Da; Festhalten an der privaten Kopierfreiheit verführt geradezu zum Missbrauch. In Dänemark wurde bereits die gesetzliche Lizenz für digital erstellte Kopien abgeschafft. In Deutschland zeigen sich erste Ansätze eines Umdenkprozesses am Beispiel der Computerprogramme bei denen infolge der Umsetzung der Europäischen Softwareschutzrichtlinie Vervielfältigungen auch zum privaten Gebrauch grundsätzlich verboten sind. Selbst wenn man die Kopierfreiheit nicht ganz abschafft, sollten zumindest die Vergütungssätze angehoben und der Kreis der vergütungspflichtigen Gerte etwa auf Modems, ISDN Karten und PCs erweitert werden. Die bisherigen Regelungen werden einer Situation in der Millionen von Internet-Nutzern digitale und damit dem Original völlig gleichwertige Kopien in Minutenschnelle aus dem Neu „saugen“ können, nicht mehr gerecht.

Konstantin Malakas

Stichwort: Musik aus der Leitung

Wer fremde Musik in seiner Homepage verwenden will, sollte vor dem Abschluss von Verträgen mit Rechteinhabern folgende Überlegungen anstellen:

  • Welche Werke sollen einbezogen werden?
  • Wird das Werk 1:1 oder in veränderter Form übernommen?
  • Welche Rechte brauche ich (Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe)?
  • Wem gehören die Rechte an den Werken (Verwertungsgesellschaften, Verlage, Agenturen)? Kann auf gesetzliche Lizenzen/Zwangslizenzen zurückgegriffen werden?

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