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1998

Musik aus der Leitung – Die rechtliche Problematik von MP3-Daten

Sie sitzen entspannt in Ihrem Lieblingssessel und lauschen dem neuesten Album Ihrer Lieblingsband. Ein gelegentliches Störgeräusch kann Ihren Hörgenuß nicht trüben. Denn Sie haben die Gewißheit, da kaum ein anderer im ganzen Land diese neue CD schon hat. Sie allerdings auch nicht. Denn die Musik kommt direkt von der Festplatte Ihres Rechners und stammt aus dem Internet.

Das neue Album, das Sie gerade hören, ist erst vor kurzem in den USA erschienen und in Deutschland noch nicht erhältlich. Sie haben aber auf einschlägigen Web-Seiten die nötigen MP3-Dateien sowie einen entsprechenden Player gefunden. MP3, dahinter steckt ein Verfahren, das Audiodateien, die als WAV-File zwischen 30 und und 45 MB groß sind, auf ca. 2,5 MB komprimiert und so dem Download über das Netz zugänglich macht. Nur Hinweise der Art:“ Die MP3-Dateien auf diesem Server dienen ausschließlich Schulungszwecken. Sie müssen innerhalb von 24 Stunden wieder gelöscht werden“, haben Sie vielleicht nachdenklich gemacht. Denn solchen und ähnliche „Disclaimer“, also Haftungsfreizeichnungsklauseln, finden sich meist dort, wo es nicht ganz mit rechten Dingen zugeht.

Urheberrecht

Musik unterliegt als eine komponierte Folge von Tönen dem Urheberrecht. Der Urheber ist der Schöpfer des Musikstücks. Ihm stehen alle Verwertungsrechte an seiner Schöpfung zu. Auch Interpreten, Tonträgerhersteller u.a. sind durch sogenannte verwandte Schutzrechte oder Leistungsschutzrechte geschützt. Die Verwertung kann in körperlicher und unkörperlicher Form stattfinden. Zu ersterer zählt z. B. die Vervielfältigung und Verbreitung, zu letzterer beispielsweise die öffentliche Wiedergabe. Die Verbreitung über das Internet ist nach überwiegender juristischer Auffassung ebenfalls eine öffentliche Widergabe. Sobald ein anderer als der Schöpfer des Musikstücks oder ein Leistungsschutzberechtigter eine Verwertungshandlung vornimmt, ist damit bereits ein Verstoß gegen das Urheberrecht erfolgt. Dabei ist bereits das Herstellen einer Kopie eine erlaubnispflichtige Verwertungshandlung. Das Urheberrecht gilt nicht schrankenlos. Neben der 70jhrigen Befristung nach dem Tod des Urhebers (für Leistungsschutzrechte gelten kürzere Zeiten) gibt es eine Reihe inhaltlicher Schranken. Beispielsweise werden private Interessen der Verbraucher geschützt, indem Vervielfältigungen zum Eigengebrauch erlaubt sind. Das Bereitstellen eines Musikstückes zum Abruf durch die Öffentlichkeit ist aber immer eine zustimmungsbedürftige Verwertungshandlung.

Legaler Downioad

Derjenige, der solche rechtswidrig bereitgestellte Musikdateien herunterlädt, verstößt nach derzeit geltendem Recht nicht gegen Urheber- oder Leistungsschutzrechte. Allerdings fragt sich, ob dies noch zeitgemäß ist. Die gesetzliche Regelung der Freiheit privaten Gebrauchs entstammt einer Zeit, als Kopien aufgrund des technischen Standards deutlich schlechter als das Original waren. Digitale Kopien sind von dem Original nicht zu unterscheiden. CD-Brenner sind heute für jedermann erschwinglich, so da auch Privatleute in kurzer Zeit jede CD kopieren oder aus MP3-Files eigene CDs zusammenstellen können. In Dänemark wurde bereits die gesetzliche Lizenz für digital erstellte Kopien abgeschafft. In Deutschland zeigen sich erste Ansätze eines Umdenkprozesses am Beispiel der Computerprogramme, bei denen infolge der Umsetzung der Europäischen Softwareschutzrichtlinie Vervielfältigungen auch zum privaten Gebrauch grundsätzlich verboten sind. Möglich wäre auch eine Ausweitung des Kreises der vergütungspflichtigen Geräte etwa auf Modems, ISDN-Karten und PCs. Die bisherigen Regelungen werden einer Situation, in der Millionen von Internet-Nutzern digitale und damit dem Original völlig gleichwertige Kopien in Minutenschnelle aus dem Netz „saugen“ können, nicht mehr gerecht.

Konstantin Malakas, Rechtsanwalt in Berlin mit den Interessenschwerpunkten EDV-, Telekommunikations- und Medienrecht/osc

Die GEMA

Musiker und Produzenten übertragen in der Regel ihre Nutzungsrechte sogenannten Verwertungsgesellschaften, die ihre Rechte treuhänderisch wahrnehmen, meistens der Verwertungsgesellschaft für musikalische Aufführungsrechte (GEMA) mit Sitz in München und Berlin. Die GEMA erhebt einen bestimmten Gebührenansatz von jedermann, der Musik verwenden möchte sowie von Herstellern, Importeuren oder Händlern von Vervielfältigungsgeräten und Leermedien. Nach Abzug eines Verwaltungsanteils schüttet die GEMA dem berechtigten Personenkreis eine Vergütung aus.

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