05
1999

Neue EU-Richtlinie – Verbot des Cachings?

Nach den Richtlinien zur Bespitzelung der Internet-Surfer und dem Versenden von Spam-Mails befürchtete die Internet-Gemeinde, daß die EU auch noch das Caching verbieten will. Doch die ganze Aufregung war umsonst. Bereits am 7. April 1998 unterbreitete die EU-Kommission einen „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“ (Amtsblatt der EU (ABI.) Nr. C 108/98, S. 6; KOM(97) 628 endg. – 97/0359 (COD)). Dieser Entwurf wurde am 10. Februar 1999 im Europäischen Parlament diskutiert und mit Änderungen versehen. Das nahm Donald Heath, Präsident und Geschäftsführer der Internet Society (http://WWW.ISOC.org/), zum Anlaß, ein Protestgewitter über den Richtlinienentwurf zu entfachen. „Das Internet braucht keine Gesetze, die seine Leistung drücken, seine Arterien verstopfen und seinen Wert für die Nutzer schmälern.“ Diese Kritik wurde von der hiesigen Internet-Berichterstattung bereitwillig aufgenommen und führte in diversen Newsgroups zu meist erregter Auseinandersetzung über die Borniertheit der EU-Beamten. Der ganze Trubel entstand, weil die Behauptung aufgestellt wurde, der Richtlinien-Entwurf sehe vor, sowohl das Browser-Caching als auch den Betrieb von Proxy-Servern, auf denen die Inhalte häufig aufgerufener Seiten zwischengespeichert werden, zu verbieten. Wir sahen uns den Entwurf etwas genauer an.

Der Entwurf

In Artikel 2 soll das Vervielfältigungsrecht geregelt werden. Darin wird bestimmt, welchen Personen das Recht zusteht, die Vervielfältigung bestimmter Werke ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten. Artikel 3 regelt das Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich des Rechts der Zugänglichmachung. Außerdem sieht er vor, da dem in Artikel 2 genannten Personenkreis das Recht zustehen soll, über die Art und Weise der Zugänglichmachung zu befinden. Entscheidend für die Rechtslage bezüglich des Browser-Cachings ist aber Artikel 5. Dieser regelt die Ausnahmen von den zustimmungsbedürftigen Handlungen in den Artikeln 2 und 3. Völlige Klarheit verschafft dabei Punkt 23: Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht ist für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen zu gewähren, die als Teil eines technischen Verfahrens zufällig erfolgen, keinen eigenen wirtschaftlichen Wert besitzen und nur dazu dienen, die Nutzung eines Schutzgegenstands zu ermöglichen. Unter den vorgenannten Voraussetzungen erfasst diese Ausnahme auch bestimmte Handlungen des „,Caching‘ oder ,Browsing‘.“ Na sowas: Bereits im ersten Entwurf vor einem Jahr waren ausdrücklich Ausnahmen für die Cache-Techniken vorgesehen! Damit entpuppte sich die ganze Aufregung als Sturm im Wasserglas.

Ärgernis Copyright

Die ganze Problematik wird nur verständlich, wenn man die unterschiedlichen Rechtsauffassungen in Europa und den USA kennt. Im angloamerikanischen Rechtskreis wird nämlich das Immaterialgüterrecht an Geisteswerken unter dem Begriff „Copyright“ behandelt. Der Unterschied zum kontinentaleuropäischen Begriff „Urheberrecht“ deutet auf eine grundlegende inhaltliche Divergenz hin. Das Urheberrecht ist auf die Person des Schöpfers des Werkes bezogen, während das Copyright die wirtschaftliche Vermarktung in den Vordergrund stellt. Das Copyright soll wirtschaftliche Investitionen schützen, nicht jedoch den Schöpfer des Werkes belohnen. Mit einem Wort: Die Interessenlage der USA steht der europäischen genau entgegen. Befremdlich ist allerdings, da deutsche Journalisten sich so vor den Karren der amerikanischen Lobby spannen ließen. Sie stimmten in das Klagelied ein, ohne zu prüfen, was wirklich dahintersteckt. Ist das schnellebige Internet am Ende zu schnell für sorgfältige Recherche?

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