03
1998

PRIVATE E-MAILS AM ARBEITSPLATZ – Ozapft is!

Wer an seinem Arbeitsplatz private E-Mails mit anstößigem Inhalt verschickt, muss mit juristischen Konsequenzen rechnen. Was in den USA bereits Realität ist – Schadenersatzforderungen und Entlassungen – droht auch dem deutschen Arbeitnehmer.
Mit Programmen wie Assentor oder Spyglass Surfwatch ist es Arbeitgebern möglich, die E-Mail-Inhalte ihrer Arbeitnehmer zu überwachen, ohne jede einzelne lesen zu müssen: Bestimmte Schlüsselwörter können gefunden werden, die Hinweise auf unerwünschte Äußerungen von Arbeitnehmern geben. Solche Äußerungen können beispielsweise sexuelle Belästigungen, Mobbing oder ähnliche, den Betriebsfrieden störende Verhaltensweisen betreffen. Aber auch Betriebsgeheimnisse und die Einstellung der Arbeitnehmer zu ihren Vorgesetzten können in den Augen des Arbeitgebers Gründe für eine Überwachung der E-Mail der Arbeitnehmer darstellen. In Deutschland wird bisher nicht über dieses Thema diskutiert, obgleich die Zahl der firmengenutzten Internet-Zugänge, aber auch die der Intranets, steigt. Im Ausland, vor allem in den USA, kam es jedoch schon vor geraumer Zeit zu entsprechenden Vorkommnissen mit zumeist unerfreulichen Resultaten für die Arbeitnehmer.

Vorreiter USA

Bereits 1993 wurden in dem Fall Bourke versus Nissan Motor Corp. in den USA Arbeitnehmer entlassen, weil sie E-Mail-Botschaften persönlichen und sexuellen Inhalts austauschten. Im Jahre 1994 sandte Michael A. Smyth eine Mail an einen Kollegen, in der er seine Arbeitgeber als „back-stabbing bastards“ betitelte – was soviel heißt wie „Bastarde, die einem in den Rücken fallen“. Seine Vorgesetzten nahmen Kenntnis von dieser und anderen Mails ähnlichen Inhalts und entließen Smyth. In einem anderen Fall verklagten zwei schwarze Arbeitnehmer ihre Firma Morgan Stanley & Co. Anfang 1997 auf 30 Millionen Dollar Schadenersatz, weil sechs Mitarbeiter über das firmeninterne Netz E-Mails mit Witzen rassistischen Inhalts kursieren ließen. 20 Mitarbeiter bei Compaq versendeten Bilder pornographischen Inhalts als Mail-Attachments über das firmeninterne Netz. Ein leitender Angestellter bei Microsoft sammelte Kinderporno-Bilder im Internet und speicherte sie auf seinem Büro-Computer.

Sensible Bereiche

Vielleicht können diese Beispiele das Problembewusstsein in Deutschland fördern und dafür sorgen, daß entsprechende betriebliche Regelungen getroffen werden, bevor das Kind in den Brunnen fällt. Zusammenfassend lassen sich fünf Problemfelder umreissen, die durch die Nutzung des Internet am Arbeitsplatz für den Arbeitgeber entstehen: Diffamierungen, Urheberrechtsverletzungen, sexuelle Belästigungen, Diskriminierungen und Obszönitäten. In all diesen Problemfeldern sind auch Schadenersatzansprüche gegen einen Unternehmer denkbar. In den oben aufgeführten Beispielen ist man aus juristischer Sicht davon ausgegangen, da bei den betroffenen Arbeitnehmern durch die Kontrolle keine Verletzung der Privatsphäre vorlag. Die Unternehmen durften vielmehr den E- Mail-Verkehr überwachen, ohne da zuvor entsprechende Einverständniserklärungen der Mitarbeiter einzuholen waren. Darüber hinaus war den Mitarbeitern in einigen Fällen sogar ausdrücklich versprochen worden, da ihre E-Mails vertraulich behandelt werden. Andererseits ist das Wissen des Arbeitnehmers um die Überwachung der Kommunikation nicht mit seinem stillschweigenden Einverständnis gleichzusetzen. Diesen Grundsatz hatte schon das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 19.12.1991 berücksichtigt, in dem es für Telefonate festhielt, da Gespräche, die der Arbeitnehmer von seinem Dienstapparat aus führt, dem Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. l Grundgesetz in Verbindung mit Art. l Abs. l GG) unterliegen. Der Schutz des gesprochenen Wortes werde nicht durch die Kenntnis von einer Mithörmöglichkeit beseitigt. Wir sind der Auffassung, da sich die Grundsätze, die die deutsche Rechtsprechung für Telefonate am Arbeitsplatz entwickelt hat, in den meisten Fällen auf den E-Mail-Verkehr analog anwenden lassen. Von einer generellen Anwendbarkeit auf alle internetbezogenen Aktivitäten kann jedoch nicht ausgegangen werden.

Konstantin Malakas, Rechtsanwalt in Berlin

E-Mails am Arbeitsplatz
Das sollten Sie beachten

Arbeitnehmer:

  • Beachten Sie Ihre Rücksichtspflichten.
  • Achten Sie auf die Inhalte Ihrer E-Mails.
  • Vermelden Sie unbedingt Äußerungen politischer, unsachlicher, .obszöner, rassistischer, sexistischer Art und geben Sie keine Betriebsgeheimnisse preis.
  • Fragen Sie Ihren Vorgesetzten oder den Betriebsrat nach etwa bestehenden Regelungen für private E-Mail.
  • Regen Sie Vereinbarungen an.

Arbeitgeber:

  • Beachten Sie die Problemfelder und Ihre Fürsorgepflicht.
  • Treffen Sie eine detaillierte Lösung, mit den Angestellten/ Betriebsrat
  • Beachten Sie das Recht auf
    – Informationsfreiheit,
    – freie Meinungsäußerung,
    – freie Entfaltung der Persönlichkeit.

‹ zurück zur Übersicht