04
1997

Rechtspraxis: Massenversand per E-Mail – „Wenn der Postmann zweimal klingelt…“

Während Sie mit Werbung auf Papier zunächst einfach nur belästigt werden, kostet die unerwünschte Werbeflut bei E-Mail richtiges Geld. Viele Online-Nutzer wollen sich gegen Massen-E-Mails wehren.

Hit dem verantwortungslosen Umgang mit den Gesetzen des Cyberspace wurde die Internet-Gemeinde erstmals 1994 konfrontiert, als die US-Anwälte Laurence Canter und Martha Siegel E-Mails an tausende Adressaten in Newsgroup-Foren versendeten, die eigentlich nichts mit dem Newsgroup-Thema zu tun hatten. Ein solches Vorgehen ist ethisch und rechtlich fragwürdig, da anders als beim normalen Postversand in der Online-Welt die Kosten der Übermittlung zwischen Versender und Konsumenten geteilt werden. Um Sendungen aus dem Internet zu erhalten, muß der Großteil der Konsumenten seinen Internetzugang aus eigener Tasche bezahlen. Wenn nun in bestimmten Newsgroups, die ein Nutzer abonniert hat, themenfremde Mails enthalten sind, kann sich der Nutzer davon erst überzeugen, wenn er die Mail auf seinen Rechner übertragen und gelesen hat. In diesem Moment ist aber bereits der Gebührenaufwand entstanden. Der Nutzer ist bereits geschädigt, ohne da er sich im voraus hätte schützen können. Diese Ohnmacht des Nutzers verärgert ihn im mildesten Fall und nimmt ihn dadurch gegen das beworbene Produkt oder das beworbene Unternehmen ein. Der Versand von Massen-E-Mails kann nicht nur für einzelne Nutzer persönlich ärgerlich sein, sondern auf Provider-Seite technische Probleme zur Folge haben, die alle betreffen. Zum einen ist da die Belastung des Rechnersystems, an dem der Versender angeschlossen ist. Beim empfangenden Host kann zum anderen die Mail-Spool überlaufen. Der dem Nutzer zur Verfügung gestellte Plattenplatz kann überschritten werden, so da er unter Umständen nicht mehr auf seinen Anschluß zugreifen könnte. Der Betreiber sähe sich gezwungen alle Mails an den Account abzublocken. Bekannt geworden ist kürzlich der Fall eines E-Mail-Massenversenders in T-Online, der den ganzen Dienst stundenlang blockierte. Diese Folgen lassen sich ohne weiteres unter den Gesichtspunkt der Belästigung fassen. Zwar gibt es noch keine einheitliche Rechtsprechung, nach Meinung von vielen Rechtsexperten folgt jedoch, daß die unaufgeforderte Versendung von E-Mails kommerziellen Inhalts gegen § 1 des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb verstößt. Von Massen-E-Mails Betroffene sollten sich folgendes vor Augen führen: Der Versender von Werbebotschaften sollte überlegen, ob er wirklich mit diesem Mittel den gewünschten Erfolg erzielen wird. Sollte er zu diesem Ergebnis kommen, ist ihm anzuraten, die Wege zu nutzen, die die Usenet 4 Newsgroups von sich aus anbieten. Einige Gruppen haben bereits Abteilungen vorgesehen, in denen Werbebotschaften nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht sind. Achten Sie auf „marketplaces“ (zum Beispiel: alt.art.marketplace oder rec.an tiques.marketplace). Hier können Sie bedenkenlos Ihre Werbung posten. Ein anderer Weg ist der, selbst Fachbeiträge in einer Newsgroup zu posten und ab und zu beiläufig eine Bezugsquelle (natürlich die eigene) zu erwähnen. So lernen sie die anderen Nutzer gleich als kompetenten Fachmann kennen und sind eher bereit, Vertrauen in das von Ihnen angebotene Produkt zu setzen. Die Empfänger unerwünschter Werbesendungen hat es oft schwer, an den 4 Versender heranzukommen und etwas zu unternehmen. Weil die Versender nicht von verärgerten Nutzern behelligt werden wollen, geben sie oft falsche Rücksendeadressen an. Der erste Schritt ist aber immer die Ermittlung des Versenders. Ist dieser ermittelt, kann man zwar eine E-Mail schreiben, sie wird jedoch häufig ignoriert. Besser ist es, einen Brief (snail mail) zu senden oder anzurufen oder zu faxen. Wenn das nicht hilft, sollte der ISP des Spammers kontaktiert werden. Im WWW finden Sie einige Vorgehensbeschreibungen unter http://kryten.eng.monash.edu.au/gspam.html. Ingeborg Schnepp l Konstantin Malakas l km Rechtsanwälte in Berlin und Mainz

Online-Dienste contra Massen-E-Mails?

CompuServe: CompuServe-Kunden können derzeit nur dem Feedback-Team des Dienstes die Sender von Massen-Mails melden. CompuServe fordert dann die betreffenden Unternehmen auf, Werbesendungen zu unterlassen.

T-Online: Der Telekom-Dienst unterbricht automatisch Sendungen, die eine bestimmte Menge erreichen. Für Geschäftskunden, die versichern, da sie keine Massensendungen verschicken, gelten allerdings Sonderregelungen.

AOL: AOL stellt seinen Kunden die Programme „E-Mail-Filter“ und „Email-Kontrolle“ zur Verfügung. Mit dem ersten können alle Mails von dem Online-Dienst bekannten Werbe-Absendern blockiert werden, die AOL zusammengestellt hat. Mit dem zweiten Programm kann sich der Nutzer eine Individuelle Liste unerwünschter E-Mail-Absender zusamenstellen.

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