02
1998

Surfen in der ersten Reihe – GEBUHRENPFLICHT FR INTERNET-PCs?

Wer seinen PC ans Internet anschließt, kann Rundfunksendungen empfangen und fällt somit unter die Gebührenpflicht. Mit diesem Vorstoß verunsicherten die Rundfunkanstalten die Internet-Gemeinde. Doch der Griff in die Taschen des Internet-Users ist rechtlich kaum durchsetzbar.

ARD, ZDF und die Rundfunkreferenten der Länder gehen in ihrer Empfehlung an die Ministerpräsidenten grundsätzlich davon aus, da Internet-PCs zum Empfang von Rundfunksendungen geeignet sind. Um aber die weitere Einführung neuer Kommunikationstechniken nicht zu behindern, sollen diese Geräte bis zum 31.12.2003 von der Gebührenpflicht befreit werden. Dabei geht es den Rundfunkanstalten nicht darum, neue Gebührentatbestände zu eröffnen. Vielmehr will man bei einer Veränderung herkömmlicher Übertragungstechniken – das heißt beim Ersatz herkömmlicher Rundfunkgeräte durch neue PC-Generationen – keine Unterschiede und damit Ungerechtigkeiten zwischen den Nutzern herkömmlicher Empfangsgerte und PC-Usern eintreten lassen.

Der Rechner als Zweitradio

Das hehre Ziel hat aber handfeste finanzielle Konsequenzen. Für PC-Besitzer, die sowieso schon Rundfunkgebühren bezahlen, ist der Rechner als „Zweitradio“ zwar gebührenfrei. Firmen und Bildungseinrichtungen, die bislang eher selten Radios und Fernseher angemeldet haben, stehen dagegen nach bisher geltendem Recht einige Gebühren ins Haus: Wie man sich auf den Web-Seiten der GEZ ( http://www.gez.de) ausrechnen lassen kann, kosten 50 Rundfunkempfänger, also Internet-PCs, im Monat 472,50 Mark. Wenn auch Fernsehsendungen zeitgleich zur Ausstrahlung über das Internet empfangen werden können, sind für 50 Fernsehempfänger monatlich 1412,50 Mark an die GEZ abzuführen. Die derzeitigen technischen Möglichkeiten lassen die Diskussion eher aberwitzig erscheinen. Anders sieht die Situation aus, sollte es in absehbarer Zukunft ein Breitband-Internet geben – Filme wären bildschirmfüllend und ruckelfrei ohne TV-Tuner zu empfangen. Sollte sich diese Form des Rundfunkempfangs etablieren, wäre die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Tat gefährdet. Dies wäre insofern tragisch, als ein funktionierender öffentlich-rechtlicher Rundfunk nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Voraussetzung für die duale Rundfunkordnung ist. In der öffentlichen Kontroverse hat Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) sich sogleich auf die Seite der Gebührenkritiker geschlagen. „Der Gebührenvorstoß sei eine Gefahr für den Multimedia-Standort Deutschland“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Sind PCs Rundfunkempfänger?

Wenngleich man unserer Auffassung nach mit solch radikalen Ansätzen der Problemlösung nicht näher kommt, lässt das geltende Recht jedoch Zweifel an der Prämisse aufkommen, da Internet-PCs Rundfunkempfänger sind. Hierzu genügt ein Blick in den Rundfunkgebühren-Staats vertrag (RGebStV): §1 (I) definiert ein Rundfunkempfangsgerät als eine technische Einrichtung zur nicht zeitversetzten Hör- und Sichtbarmachung von Rundfunkdarbietungen. Allein die Bereithaltung eines solchen Gerätes begründet bereits die Gebührenpflicht (§1 II RGebStV). Die Frage, was Rundfunk ist, wird in der Definition des 2 (I) Rundfunkstaatsvertrags geklärt. Danach ist Rundfunk die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und in Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitungen oder längs oder mittels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen mit ein, die verschlüsselt werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind.“ Damit unterscheidet sich aber Rundfunkempfang grundsätzlich vom Internet-„Empfang“. So ist beispielsweise der Massencharakter des Rundfunks nicht mit der Individualkommunikation der Internet-Nutzung vereinbar. Auch die Verbreitung erfolgt nicht in der Weise, da sich der Internet-Nutzer durch einfaches Einschalten des Empfangsgeräts in eine vorausgewählte Sendung einschaltet, sondern aktiv an der Auswahl beteiligt ist und sogar in Interaktion treten kann. Schließlich ist auch die Zeitgleichheit des Empfangs zumindest derzeit noch nicht gegeben. Ganz abgesehen davon ist fraglich, ob der berechtigten Sorge um die Rundfunkordnung mit der Einführung der Gebührenpflicht überhaupt in sinnvoller und zulässiger Weise Rechnung getragen werden kann.

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